Idee und Text von Elke Leithner-Steiner

Alleinsein
Ich bin am Wasserfall und denke an gestern. Da saß ich inmitten plaudernder, lieber Menschen und fühlte mich seltsamerweise doch allein. Ich erlebte ein Gefühl von Getrennt-Sein, als ich mich still fragte: „Ist da irgendjemand mit den gleichen Erkenntnissen wie ich? Weiß da noch jemand, was ich wissen darf?“
Als mich von hinten ein Lichtschein einhüllt, verstehe ich sofort, dass sie wieder da ist, meine Lianenfrau. Freudig drehe ich mich um und blicke in das freundliche, weiche Gesicht meiner wundersamen, feinstofflichen Meisterin.
Wortlos reicht sie mir eine Liane. In der Bewegung nach vorne schließen sich meine Augen. Ich erlebe Folgendes:
Innere Welt
Eine junge Frau geht in Gedanken versunken mit einem Korb im Arm durch eine hügelige, grüne Landschaft. Im Korb trägt sie Selbstgebackenes. Sie ist auf dem Weg zu ihrer Großmutter, die etwas abgelegen hinter einem Wald wohnt.
Ihre Gedanken kreisen um ihre allerbeste Freundin, die bald heiraten und weit wegziehen wird. Sie fürchtet und ahnt jetzt schon die große Lücke, die dann in ihrem Leben entsteht. Und ein leises, kaltes Gefühl von Alleinsein und Leere kriecht grinsend in ihr Herz.
Mit der Vorfreude auf den Nachmittag bei ihrer Großmutter, versucht sie, ihre Gedanken zu verscheuchen. Einmal in der Woche bringt sie ihr Köstlichkeiten vorbei.
Das ist ihr eine willkommene Gelegenheit, um mit dieser alten, klugen Frau in Ruhe Zeit zu verbringen. Für sie sind die interessanten Gespräche mit ihr immer etwas ganz Besonderes und herzbeglückend.
Das Waldstück ist passiert und vor ihr liegt eine Hügellandschaft voller Getreidefelder. Auf einem der Hügel steht das Haus der Großmutter. Als sie dort ankommt, ist die Tür verschlossen.
Die Großmutter ist gar nicht zu Hause. Verwundert und enttäuscht stellt sie den Korb ab und setzt sich wartend auf die Stufen vor dem Haus.
Sie ist allein. Und wie gerufen, springen die Gedanken an die Freundin wieder in ihr Bewusstsein begleitet von diesem dunklen, kalten Gefühl. Sie seufzt laut auf …
Als die Großmutter dann nach Hause kommt, hat sie in ihrer umgestülpten Schürze wilde Kräuter mitgebracht. „Ich habe dich nicht vergessen,“ sagt sie. Mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht bittet sie ihre Enkelin ins Haus.
Die beiden machen es sich gemütlich und beginnen lebhaft miteinander zu schwatzen. Irgendwann fällt das Gespräch dann auf die Sorge ums Alleinsein.
Die Großmutter blickt ihr daraufhin direkt und ernst in die Augen. Sie sagt:
„Der Mensch lügt sich schon lange in die Tasche, dass er einen anderen braucht. Aber er braucht schlussendlich sein Wissen. Die Menschen haben ihr Alleinsein nur gefüllt mit anderen Menschen.
Haben die anderen die Erwartung, dieses Alleinsein auszufüllen, nicht erfüllt, wurden sie bekriegt und verurteilt. Das ist aber die Benutzung von Menschen!
Wenn der Mensch eine Verbindung hat zu seinem Wissen, dann ist er nicht mehr alleine. Das ist wahre Freiheit!“
Diese Worte klingen ihr auf dem Nachhauseweg ständig in den Ohren. Im Arm trägt sie wieder den Korb. Diesmal hat ihr die Großmutter ein Geschenk hineingelegt und mit einem Tuch bedeckt. „Das schaust du dir an, wenn du den richtigen Augenblick fühlst“, hat sie wieder verschmitzt lächelnd zu ihr gesagt.
Im Gehen fällt ihr Blick plötzlich auf einen freistehenden Baum. Auf einer Kuppe stehend, hat er eine herrlich weite Aussicht auf die hügelige Landschaft.
Sie gönnt sich eine Pause und lehnt sich, die Augen schließend, rücklings an den Baum. Da durchströmt eine breite Woge von Wärme ihre Rückseite. Insgeheim weiß sie, dass es goldene Lichtfarbe ist, die jetzt über ihren Rücken in ihren ganzen Körper hineinfließt. Der Baum scheint sich auf diese Art mit ihr zu verbinden, sie zu umarmen und zu umfangen – und dieses Gefühl ist einfach überwältigend!
Die junge Frau spürt die Stärke und uralte Weisheit des Baumes auch in sich selbst. Und ihr wird klar, dass er jetzt stellvertretend ist für die gesamte Natur. Da hört sie:
Es ist nicht Allein-Sein – es ist All-Eins-Sein!
Diese Erkenntnis fährt ihr durch Mark und Bein. Sie fühlt sich zutiefst verbunden mit der Kraft der Erde. Sie spürt sich vollkommen zugehörig und als Teil von ihr. Trennung, Alleinsein existiert nicht mehr.
„Das ist also mit Wissen gemeint, als Großmutter davon sprach.“, denkt sie.
Lange verweilt sie noch in diesem Glücksgefühl des All-Eins-Seins. Als sie dann irgendwann doch wieder ihre Augen öffnet, fällt ihr Blick auf den Korb. Sie hebt das Tuch – und erblickt einen goldenen Armreif.
Die Botschaft versteht sie sofort: Verbunden!
Zurück in der Realität
Da sitze ich wieder am Wasserfall, bade meine Füße im klaren Wasser und fühle eine Fröhlichkeit in mir wie selten zuvor.
Erkenntnis
Ich bin nie allein.
Idee und Text von Elke Leithner-Steiner
Kunst von Birgit Neururer
#01 zum Anfang der Geschichte
Zum Anhören als YouTube PODCAST – Das Licht der Lianenfrau
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All-Eins-Sein … wie wunderschön ! Ich danke Euch!
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