Text von Elke Leithner-Steiner

Schwere und Leere
Schwer ergießt sich der starke Regen auf alles, was ihm in die Quere kommt. Ein Regenguss hat mich auf dem Nachhauseweg vom Wasserfall überrascht.
Doch das große Blätterdach eines alten Baumes bietet mir genügend Schutz, um in Ruhe das Ende des Regens abzuwarten.
Während ich aufmerksam das Zerrinnen der Regentropfen auf den Blättern eines Astes beobachte, denke ich plötzlich an Tränen und dann an all die Menschen, die sich zurzeit nicht wohl in ihrer Haut fühlen, unglücklich und nicht gerne hier auf der Erde sind.
Auch in meinem Umfeld kennen genügend Menschen dieses unschöne Gefühl.
Da höre ich die vertraute Stimme meiner Lianenfrau, dieser weisen, engelhaften Frau an meiner Seite: „Es ist der einzige, wirkliche Frevel dieser göttlichen Erde zu sagen: Ich bin nicht gerne hier!
Die Erde hat jedes einzelne Atom ausgerichtet auf den Menschen, um ihm die Anerkennung zu geben, was er ist.
Und die Anerkennung des göttlichen Lichtes der Erde durch die Menschen heißt – die Freude zu aktivieren mit ihrem Atem, ihrem Dasein, ihrem Lachen, ihrem Wort.
Dann beginnt das menschliche Herz für irgendetwas zu brennen und dieses Brennen hat die Kraft, dunkle Energie wegzuschieben.“
Da zeigen sich in den regennassen Blättern folgende Szenen:
Innere Welt
Mit langsamen Schritten geht ein junger Mann von der Arbeit nach Hause. Seit einiger Zeit schon verspürt er wenig Freude und Sinnhaftigkeit an seinem Tun. Die letzten Arbeitsstunden wollten kein Ende nehmen.
Als er nachdenklich und müde in seine Gasse einbiegt, sitzen einige Männer beim Würfelspiel beisammen. Dankend lehnt er ab, mitzuspielen. Er verspürt überhaupt keine Lust dazu.
Als er weitergeht, klopft ihm plötzlich jemand von hinten auf die Schultern. Einige Bekannte laden ihn zum Umtrunk in die nächste Schenke ein. Dankend lehnt er ab, mitzugehen. Er weiß nicht, was er erzählen soll und ist am Gerede anderer überhaupt nicht interessiert.
Als er endlich sein Haus erreicht und den Schlüssel ins Schloss steckt, ruft ihm die Nachbarin freundlich zu, doch zum Essen vorbeizukommen. Dankend lehnt er ab. Er hat überhaupt keinen Appetit.
Die Tür fällt von innen ins Schloss. Endlich bleibt die Welt draußen. Erschöpft lässt er sich auf das Sofa fallen. Alles lieb gemeint von den Leuten, aber er will nur seine Ruhe haben.
Lange unbemerkt hat sich diese Traurigkeit in sein Leben geschlichen und angefangen, es mit mausgrauen Farbtönen zu übermalen.
Und mit den Grautönen verstärkte sich die Müdigkeit, Lustlosigkeit und eine seltsame innere Leere tief in seinem Inneren.
Da hört er es im Zimmer rascheln. Er dreht seinen Kopf und sieht eine winzig kleine Maus am Boden entlang huschen. Mit matten Augen beobachtet er ihre Bewegungen.
Als würde sie seinen Blick spüren, hält sie plötzlich inne und blickt mit wachen Augen zu ihm zurück. Da durchzuckt ihn der Gedanke, dass die Maus seinen emotionalen Zustand blitzartig erfasst hat: „Sie weiß, wie es mir wirklich geht.“
Eine warme Gefühlswelle der Rührung überkommt ihn.
Da bricht es plötzlich aus ihm heraus, und er beginnt zu erzählen. Mit einem Mal erzählt er der Maus sein ganzes Leben, als wäre sie ein aufmerksam zuhörender Freund.
Immer mehr Erinnerungen kommen in sein Bewusstsein. Und je länger er erzählt, umso mehr Verständnis und Mitgefühl verspürt er für sich selbst.
Auch umso liebenswürdiger erscheint ihm die Hauptfigur, die er selber ist. Dann kommt er auf seine Traurigkeit zu sprechen.
Bis dahin hat das Mäuschen regungslos und mucksmäuschenstill gelauscht. Doch jetzt läuft es zur verschlossenen Tür. Wieder bohren sich hellwache Augen in sein Herz.
Er erhebt sich und öffnet die Tür. Die Maus eilt auf die leere Straße, wo sie sitzen bleibt.
Er folgt ihr nach, und als er in den klaren Sternenhimmel blickt, fällt just in diesem Moment eine Sternschnuppe herab, gleitet sanft in seinen Kopf hinein und sinkt hellglänzend tiefer bis in sein Sonnengeflecht …
Später wird er oft erzählen, dass er zuerst eine unbeschreiblich liebevolle Wärme in seiner Mitte gespürt hat.
Gefolgt von einer sprudelnden Kraft und Lebendigkeit, die seinen ganzen Körper erfasste.
Und dass er in diesem Augenblick verstanden hat, dass der göttliche Funke der Freude in ihm nie erlöschen kann.
Seit jenem Abend ist die Traurigkeit verschwunden. Das Mäuschen auch.
Zurück in der Realität
Ich starre wie gebannt auf die grünen Blätter. Der Regen hat aufgehört, sein Klang aber hallt im Wald noch nach. Ich setze mich wieder in Bewegung.
Die Sonne ist zurückgekehrt und begleitet mich auf meinem Weg nach Hause.
Erkenntnis
Freude ist göttliches Licht in mir.
Text von Elke Leithner-Steiner
Kunst von Birgit Neururer
#01 zum Anfang der Geschichte
Zum Anhören im YouTube Podcast – Das Licht der Lianenfrau
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